Matthias Frey und Markus Reweland von der Wiesbadener Agentur Q stürzten sich mit voller Hingabe in die Entwicklung von Website und Corporate Identity der Rainbow Stories. Im Interview erzählen sie, warum sie sich pro bono engagieren, was sie an den Geschichten der Rainbow Stories berührt und inwieweit ihre eigene Geschichte die Arbeit beeinflusste.
Matthias und Markus – ihr habt Design und Website der Rainbow Stories entwickelt. Was berührt Euch persönlich an den Geschichten der Rainbow Refugees?
Matthias Frey: Letztes Jahr im Walden wurden die Rainbow Stories bereits vor einem ausgewählten Publikum präsentiert. Das hat mich komplett bewegt. Ich dachte, Wahnsinn, was diese Menschen für eine Geschichte hinter sich haben. Als ich an dem Abend den Menschen hinter den Stories begegnete, hat mich vor allem ihre positive Ausstrahlung, ihr Lebenswille, stark beeindruckt. Sie hätten an ihrer Geschichte auch zerbrechen können, strahlten aber Optimismus und Zuversicht aus.
Markus Reweland: Was mir stark imponiert hat, waren die Fotografien von Kojin, Atish, Wassim und Olga. Dadurch wurden ihre Geschichten nahbar. Bei der Entwicklung der Website hatte ich ihre Bilder ständig in den Händen, bildlich gesprochen. Irgendwann bekam ich das Gefühl: Ich kenne diesen Menschen. Die Politik spricht immer von „Flüchtlingen“, das ist sehr abstrakt. Über Geschichten lernen wir die Menschen und ihre Schicksale kennen.
Matthias, Du hast nicht nur Design-Elemente, sondern auch das ausdrucksstarke Logo der Rainbow Stories entwickelt. Wie bist Du herangegangen?
Matthias Frey: In queeren Zusammenhängen wird meistens mit dem Motiv des Regenbogens gearbeitet. Das macht auch Sinn, damit der Betrachter gleich weiß, worum es geht. Ich wollte die klassischen Farben der traditionellen Regenbogenflagge erweitern und die Farben in der überarbeiteten Fassung hinzunehmen, um auch Transgender und bisexuelle Personen einzubeziehen. Die Initialen RS haben mich in ihrer Dynamik an ein geschwungenes Band erinnert – ich habe die Idee aufgegriffen: Rainbow Stories als verbindendes Element. Rainbow Stories verbindet Menschen, die etwas geben möchten mit denen, die gerade Unterstützung brauchen, sozusagen etwas empfangen wollen.
Warum unterstützt ihr Rainbow Stories?
Matthias Frey: Ich hatte schon länger das Bedürfnis, mich zu engagieren. Über einen Freund kam ich dann mit Rainbow Stories Co-Gründer Frank Pauli in Kontakt und dachte sofort: Das ist ein Projekt, das ich unterstützen möchte. Was gerade in Deutschland passiert, macht mich betroffen – auch als queere Person. Natürlich habe ich tausend Privilegien, wurde in Deutschland geboren und genieße hier einen gewissen Schutz. Trotzdem kann ich mich in Personen hineinversetzen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Identität verfolgt werden und ihr Land verlassen müssen. Unser Engagement setzt auch die Tradition von Q fort. Unsere Agenturgründer Thilo von Debschitz und Laurenz Nielbock, haben immer schon soziale Projekte unterstützt. Das Projekt ist uns zugeflogen, aber ich denke, uns ist genau das Richtige zugeflogen.
Markus Reweland: Das Thema war für mich nicht präsent. Menschen fliehen aus ihrem homophoben oder queerfeindlichen Land, kommen zu uns und sind dann hier erneut Gewalt und Ausgrenzung ausgesetzt. Ich hatte hier noch nicht wirklich über den Tellerrand Deutschlands und Europas hinausgeschaut. Aber es ist natürlich ein Thema, das unsere volle Aufmerksamkeit und unser Engagement verdient.
Markus, Du hast die Website für Rainbow Stories entwickelt: Wie bist Du herangegangen?
Markus Reweland: Die Gründer von Rainbow Stories hatten viele Ideen und Wünsche, die sich nicht nach Schema F umsetzen ließen. Ich hätte natürlich abblocken können – geht nicht, machen wir nicht, kann ich nicht. Ich hatte aber den Anspruch, Lösungen zu finden und ein sinnvolles Tool zu entwickeln. Ich wollte etwas kreieren, das auch auf lange Sicht einen Zweck erfüllt. Bei der Gestaltung habe ich mich von Matthias‘ Logo und den von ihm entwickelten visuellen Elementen inspirieren lassen. Grundsätzlich finde ich das Projekt so spannend, dass ich extrem motiviert an die Aufgabe herangegangen bin.
Rainbow Stories unterstützt queere Geflüchtete – eine besonders vulnerable Gruppe unter den Refugees. Wie empfindet ihr den Rechtsruck in Deutschland in diesem Kontext?
Matthias Frey: Wir haben ja erlebt, wie es in Polen, Ungarn oder Italien gelaufen ist. Jetzt zeichnet sich ab, dass wir in Deutschland in eine ähnliche Richtung steuern. Ich befürchte, dass wir als queere Community in unserer Freiheit und Visibility eingeschränkt werden. Umso entscheidender wird nun unser persönliches Engagement.
Markus Reweland: In meiner Familie gibt es queere Menschen, die mir sehr nahestehen. Ich komme insgesamt aus einer bunten Familie und verstehe gar nicht, warum Menschen so viel Hass verbreiten. Dabei versuchen, andere in Schubladen zu stecken, sie per se als schlechtere Menschen zu diffamieren und zu verfolgen.
Meine Familie hat Wurzeln in Kanada, Ungarn, Österreich und Nigeria. Herkunft oder Genetik sind für mich kein Kriterium – mich interessiert, wie Menschen miteinander umgehen. Für mich ist es normal, dass wir vielfältig sind, ich habe das immer als Bereicherung empfunden. Generell finde ich es sehr schön, dass sich viele unterschiedliche Menschen für die Initiative Rainbow Stories engagieren. Gerade in AfD-starken Zeiten erlebe ich es als ermutigend, dass es immer noch eine Mehrheit gibt, die nicht so denkt. Unser Fokus liegt immer auf dem Negativen – dabei vergessen wir, wieviel Gutes es gibt.
Autorin: Nadia Saadi
Stand: September 2024